Das Gehen und der Gleichgewichtssinn. Diderot bei Thomas Bernhard

Alexander Honold

„Ich selbst habe als junger Mensch zwischen der Sorbonne und der Komödie geschwankt.“ Diese Denis Diderot zugeschriebene Bemerkung zitiert Thomas Bernhard ohne weiteren Quellennachweis als erstes Motto seines Stücks Die Macht der Gewohnheit, welches am 27. Juli 1974 als Auftragsarbeit der Festspiele im Salzburger Landestheater mit Bernhard Minetti in der Hauptrolle des Zirkusdirektors Caribaldi uraufgeführt wurde.[1] In Die Macht der Gewohnheit versucht ein aus Zirkus-artisten zusammengesetztes Laienensemble unter Leitung des Cellisten Caribaldi vergebens und mit zunehmend groteskeren Einlagen, das Forellenquartett von Franz Schubert einzustudieren. Statt ihre jeweiligen Instrumentalparts zu übernehmen, orientieren sich der Direktor und seine Enkelin sowie der Jongleur, der Dompteur und der Spaßmacher in ihrem Rollenverhalten an der Stegreifkomik des tradierten Personals der Commedia dell’Arte. Ihr Figurenspiel ergibt auf diese Weise weder richtige Zirkusnummern noch ein seriöses Kammerkonzert, sondern einen Wort- und Situationsklamauk, der in seinen Repetitionen und Übertreibungen pathologische Züge trägt. Bekannt wurde vor allem das von der Hauptfigur notorisch wiederholte Fanal „Morgen Augsburg“[2], das den Tourneemodus des fahrenden Künstlerdaseins dieser Fünfergruppe zu erkennen gibt. Die Absurdität ihrer musikalischen Bestrebungen hingegen drückt sich vor allem durch die schon früh formulierten Einsichten des Scheiterns aus: „So geht es nicht“, klagt der Dompteur, und der Spaßmacher pflichtet ihm bei: „So nicht.“[3] Sie sind ratlose Artisten, ihre musikalischen Ambitionen sind dilettantisch und bleiben in Gesten tonloser Prätention stecken. Macht gerade dies sie womöglich zu Wiedergängern des von Diderot karikierten Neffen Rameaus und seiner aufgeblasenen Musikpantomimen? 

 

Spuren Diderots

Es gibt im Werk Thomas Bernhards keine weiteren direkten Hinweise auf die Person und das Werk des französischen Aufklärers, auch entsprechende Lektüren lassen sich nicht ohne weiteres nachweisen (wie überhaupt Bernhard trotz zahlreicher Bildungsanspielungen die intertextuelle Dimension seines Schreibens eher herunterzuspielen pflegte und sich an seinen Schreiborten keine größere Handbibliothek hielt). Wenn aber Diderot ausgerechnet in einem der Schlüsselwerke des spätmodernen Theaterautors und an einer durchaus exponierten Stelle angeführt wird, überdies mit einer Äußerung, deren thematischer Zusammenhang zu dem folgenden Stück nicht gerade unmittelbar evident wird, so ist damit eine Spur gelegt, der es sich nachzugehen lohnt. Und es erweist sich bei weitergehender Sichtung, dass diese Reverenz an den französischen Autor im Werk Bernhards keineswegs allein dasteht; vielmehr zeigt sie sich eingebunden in ein Geflecht mehrerer direkter und indirekter Bezugnahmen, über die Diderot als ein Meister des Widerstreits und der szenisch-dialogischen Wechselrede nicht nur in die Theaterarbeiten, sondern auch in die Erzähltexte Bernhards Eingang fand. Es sind, so die These, gerade Diderots gattungspoetische Grenzgänge, die ihn für den österreichischen Schriftsteller interessant machen, seine in die Werke selbst eingeflochtenen Reflexionen über die medialen, ästhetischen und physiologischen Rahmenbedingungen der literarischen Fiktionsbildung.

Die Sorbonne und die Komödie also. Damit sind letztlich die einander kontrastierend gegenüberstehenden Welten von akademischer Gelehrsamkeit und zirzensischem Gauklertum angesprochen. Die Felder, in welchen ihre Spannung seit der ästhetischen Wende der Aufklärung zum Austrag kommt, sind die Schönen Wissenschaften und die Darstellenden Künste. Im Leben und Schaffen des Multitalents Diderot drohten vielfach die Gefahren falscher Alternativen und uferloser Verzettelungen.[4] Die Wirkungsgeschichte dieses Philosophen, Literaten, Musik- und Kunstgelehrten ist voller Einschnitte und Unterbrechungen. Diderot, hyperaktiver Kopf des wissenschaftlichen Großprojekts der Encyclopédie (1751–1765)[5], konnte trotz eines internationalen Netzwerks einen wesentlichen Teil seiner Schriften aufgrund der Zensur zu Lebzeiten gar nicht publizieren oder nur in Form handschriftlicher Lieferungen in einem ausgewählten Zirkel kursieren lassen. 

Umso bemerkenswerter, dass die Schlüsselwerke des Franzosen zuerst im deutschsprachigen Raum breitere Publizität erlangten. So führte eine Schauspielertruppe in Schweizer Badeorten Ende der 1750er Jahre Diderots experimentelle Theaterstücke Le fils naturel (1757)[6] und Le père de famille (1758)[7] auf, während Gotthold Ephraim Lessing die zugleich entstandene Dramentheorie des Autors übersetzte und kommentierte.[8] Vor 1800 kam dann, dank einer von Friedrich Schiller besorgten Auszugsfassung, posthum Diderots Dialogroman Jacques le fataliste et son maître (1778–1780) an die Öffentlichkeit[9] – ein Werk, in dem der Zufall Regie führt und alle Figuren auf Abwege lenkt. Diese im Zwiegespräch vorgetragene, beharrlich von Einschüben und Erzählexkursen zweiten Grades unterbrochene Romanerzählung breitet die wechselvollen Geschicke jenes Gespanns aus, das der Diener Jacques und sein unbenannt bleibender Herr und Gebieter zusammen bilden: erklärte Nachfahren der literarischen Abenteuer von Don Quijote und Sancho Pansa. Das Figurenpaar von Jacques und seinem Herrn stellt die frühere Hierarchie von Ritter und Knappe erzähllogisch freilich auf den Kopf; es verfolgt auch keine höfischen Rollenideale mehr, sondern zeigt sich ausschließlich durch die Mechanismen der Digression angetrieben. 

Insbesondere aber nahm Diderot hier eine neuartige Legierung erzählender und dialogischer Darstellungsweise vor, die auch den zeitgenössischen Leser Goethe so sehr faszinierte, dass der Weimarer Geheimrat das Werk im April 1780 innerhalb weniger Abendstunden wie in einem Zuge begierig verschlang. Einiges später übersetzte Goethe in fiebriger Eile das aus Petersburg nach Weimar geschmuggelte Manuskript von Le neveu de Rameau (entst. um/nach 1762), Diderots zweitem Dialogroman.[10] Das Porträt vom Neffen des bekannten Komponisten Rameau erweckte zwar prima vista den Eindruck einer musikgeschichtlichen Studie, doch erbrachte die nähere Beschäftigung dann die Gewissheit, dass es sich ohne Zweifel um ein künstlerisches Hauptwerk Diderots handelte, bei dem seine Virtuosität des geistreichen Zwiegesprächs sich zu einer neuen stilistischen Schärfe des zeitkritischen Realismus hatte steigern können. Le neveu de Rameau gibt die Charakterstudie eines Mittelmäßigen und die Bestandsaufnahme des Milieus, welches ihn hervorbrachte. Darüber hinaus aber lässt die skurrile Begegnung mit dem kläglichen Epigonen eines gefeierten Meisters auch den Begriff des Genies nicht ungeschoren davonkommen, indem sie zeigt, dass bei der Karriere der künstlerisch Erfolgreichen jeweils zahllose Zufälle und Missverständnisse am Werk waren (und sind).

Mit der Caféhaus-Konversation zwischen dem Neffen Rameaus und einem überwiegend zuhörenden Icherzähler, der die Züge seines Autors trägt, hatte Diderot leichthin eine scharfsinnige Anatomie gesellschaftlich herrschender Konventionen aus der subalternen Perspektive entworfen. Fast unmittelbar, nachdem Goethes Übertragung vorlag, konnte sich G. W. F. Hegel dieser lächerlichen Figur eines Musik-Epigonen für seine Charakterisierung der Bildungsphilister bedienen.[11] Dass bei den Mechanismen kultureller Anerkennung sich eine Kluft zwischen äußerlicher Geltung und innerer Gefühlslage auftut, hatte Diderot auch in seinem Paradoxe sur le comédien (posthum 1830) argumentativ ausgeführt und dabei anhand der Theaterpraxis auf den modernen Begriff der Rollendistanz gebracht.[12] Dass, wie im Falle Rameaus, so auch allgemein, womöglich gerade die Sehnsucht nach dem Genie einen Gradmesser real herrschenden Mittelmaßes abgibt: diese Einsicht könnte der nostalgische Zyniker Bernhard direkt von Diderot übernommen haben; ebenso den Einfall, dass man Kunst und Geist zu ihren besten Auftritten verhilft, wenn man sie unterbricht und ihnen einen illusionsstörenden Spiegel vorhält. Es sind, wie Diderot an den Handlungslinien seiner Dialogromane permanent vorführt, gerade die Stockungen, welche den Gang der Dinge sichtbar machen; und nirgendwo lässt sich das stillschweigende Funktionieren gesellschaftlicher Ausgleichungsmechanismen besser beobachten als dort, wo sie in Zweifel gezogen oder durch Störungen irritiert werden.

Als einer der originellen und folgenreichen Grundzüge des Diderot’schen Denk- und Schreibstils ist seine besondere Form zu würdigen, sich einer materialistischen Betrachtungsweise zu bedienen. So etwa, wenn die marginalisierte Position des Neffen im zeitgenössischen künstlerischen Feld durch die physiognomische Verkrampftheit seiner Musikpantomimen veranschaulicht wird; oder auch dort, wo Diderot die gesellschaftlichen Mechanismen mit den Schwingungsverhältnissen und Proportionen bei akustischen Resonanzexperimenten in Verbindung setzt. Die geistigen Vorgänge haben jeweils eine sinnliche Basis; diese sichtbar zu machen – und zwar mithilfe von literarischen Experimentalkonstellationen –, bedeutete für Diderot sowohl eine philosophische Zielsetzung wie zugleich eine dramaturgische Herausforderung. 

 

Schauspielästhetik und Körpermotorik

Einen Spezialfall des physiologischen Argumentierens ad hominem bildet die von Diderot wiederholt vorgenommene Koppelung seiner rhetorischen Stilistik an die körpersensorischen Vorgänge der Fortbewegung – genauer: an die Abläufe des rhythmisch reflektierten Gehens und der abgemessenen Erhaltung des körperlichen Gleichgewichts. Aus den inszenierten Unterbrechungen, Ablenkungen und Stockungen gewinnt Diderots Darstellungsweise einen Begriff des Gehens, aus dem evozierten Taumel der Dehierarchisierung von Erzählordnungen geht eine Sensibilisierung für die Phänomene der Gleichgewichtsbildung hervor.

Wenn in dem eingangs angeführten Diderot-Zitat (oder vielmehr in dessen Übersetzung bzw. Paraphrase) vom Schwanken zwischen zwei alternativen Optionen (der Wissenschaft und des Schauspiels) die Rede ist, so kommt damit ein Begriff der Schwankung ins Spiel, der seinerseits eine biographische Entscheidungskrise durch ihre rhetorische Pointierung in eine Körperbewegung zu transformieren scheint. Die Schwankung, das Schwanken und der Schwank bilden artverwandtes Wortmaterial; als dessen Gemeinsamkeit kann die beim Vorankommen als Irritation auftretende Beeinflussung durch seitlich wirkende Ablenkungskräfte umrissen werden. Merkmal des Schwankes als einer Subkategorie der auf Komik abzielenden Handlungsdarstellung ist die zwischen Absichten und ihrer Verwirklichung als Komplikation wirksame Ablenkung durch laterale Störkräfte. Und in ähnlicher Weise kann wiederum die Zerrissenheit zwischen alternativen Optionen vor der Entscheidungsfindung eine Zeitlang durch tentative seitliche Auslenkungen abwechselnd in beide der erwogenen Richtungen körperlich ausagiert werden. Wenn man sich die Anbahnung und Durchführung eines Entscheidungsprozesses als einen linear voranschreitenden Gang vorstellt, so bildet dabei das Schwanken des betroffenen Subjekts eine äußerlich sichtbare Form des Aufschubs bzw. der temporären Selektionsverweigerung. Der subjektiv gehegte Wunsch, den beiden zur Wahl stehenden Optionen mithilfe einer Sowohl-als-auch-Strategie zu begegnen, manifestiert sich dabei (in diesem notabene hypothetisch bleibenden Körperspiel) durch die motorische Kompromissbildung, beim Vorwärtsgehen eine leichte Sinuskurve einzuflechten, vulgo: zu schwanken. Der literarische Schwank wiederum ist zu Diderots Zeiten auch als eine dramatische Gattung bekannt, nämlich im Sinne der sogenannten comédie de verve; auch ihr ist gleichsam die instabile, periodisch seitwärts auslenkende Bewegung eigentümlich.

Schon in den antiken Ursprüngen des Theaters waren die emotionalen Wirkungsmodi auf direkte Weise mit den Gangarten und Bewegungsformen der Schauspieler verknüpft. Als wichtiges Utensil der Tragödiendarsteller ist der Kothurn zu nennen, ein hoher Lederschnürstiefel mit dicker Holzsohle. Ursprünglich handelte es sich dabei um einen eleganten Frauenschuh, der zunehmend auch für Theateraufführungen eingesetzt wurde[13], weil er ein stelzenartiges Schreiten begünstigte, eigentlich sogar erforderlich machte. Die gravitätischen Verse der Tragödie konnten mit dem Kothurn ‚laufend‘ mitakzentuiert werden, während das Bühnenspiel der Komödie mit seinen wechselnden Versmaßen und divergenten Sprachstilen auch in physischer Hinsicht eine größere Wendigkeit von den Schauspielern verlangte. Anstelle des Stöckelns auf dem hohen Kothurn wurde für das komische Spiel deshalb die flache und biegsame Sandale, der Sokkus, bevorzugt, mit dem ein Abrollen der Sohle und eine Drehbewegung stehenden Fußes möglich war. So avancierten neben den beiden Masken (der heiteren und der ernsten) auch die unterschiedlichen Typen des Schuhwerks zu symbolischen Requisiten, welche die beiden Grundtypen des antiken Dramas in ihrem komplementären Gegensatz anschaulich machten und weit über dessen primäre Geltungsräume hinaus zu einem rezeptionslenkenden, binären Paradigma werden ließen. 

Das Körperspiel schneller, wendiger Schrittfolgen, Sprünge und Tanzbewegungen erforderte leicht beschuhte Beinarbeit, wie sie mit der flachen Sandale am besten zu bewerkstelligen war. Das gemessene Schreiten des Tragödienspiels hingegen wurde durch das hörbare Aufsetzen des Kothurn-Holzuntersatzes wirkungsvoll akustisch und pantomimisch untermalt. Der Stelzenschuh verlieh den Worten seines Trägers Gewicht, die Flachsandale gab den Bewegungen des mit ihr gerüsteten Schauspielers hingegen Geschwindigkeit. Im Gegensatz zur heiteren griechischen Dichtkunst, so bemerkte Jean Paul in seiner Vorschule der Ästhetik (1804), sei diejenige der Moderne noch in ihren leichteren Partien allenfalls durch ein von Schmerz und Trauer begleitetes Lachen gekennzeichnet; insofern „macht der Humor zum Teil ernst im Gegensatze des alten Scherzes; er geht auf dem niedrigen Sokkus, aber oft mit der tragischen Maske, wenigstens in der Hand.“[14] In dieser theatermetaphorischen Beschreibung der literarischen Auftrittsbedingungen des Humors wird demnach der flache Sandalenschuh des Komödienspiels mit der wenigstens verfügbar ‚zur Hand‘ stehenden tragischen Maske kombiniert, um die Disparität bzw. den Mischcharakter gegenwärtiger Empfindungslagen von denjenigen einer typologisch idealisierten Antike abzugrenzen. Noch wichtiger indes ist auch an dieser Bestimmung die Einsicht, die Jean Paul damit in das Zusammenspiel von materiellen Dispositionen und Requisiten einerseits und emotionalen Wirkungsmechanismen andererseits tätigt. Auch er argumentiert im Sinne der materialen Aisthesis Diderots physiologisch, indem er die Poetik des Humors auf ein Zusammenspiel von Schuhwerk und Gesichtsverfremdung rückbezieht.

Der Kernbereich des körpermotorischen Ästhetikkonzepts allerdings ist in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts fraglos die Theaterpraxis, und hier hat auch das von Bernhard aufgenommene Diderot-Motto seine originäre Position. Wörtlich lautet die für Die Macht der Gewohnheit entlehnte Textstelle in Diderots Paradoxe sur le comédien folgendermaßen: „Moi-même, jeune, je balançai entre la Sorbonne et la Comédie.“[15] Durch diese Bemerkung gibt sich der erste Sprecher dieses wiederum dialogisch aufgebauten Traktats als ein Mensch von erheblichen Fachkenntnissen und theatraler Leidenschaft zu erkennen; so werden ihm  seine kritischen Bemerkungen über die zeitgenössische Theaterpraxis – vor allem zu dem von einflussreichen Theaterexperten verfochtenen Theorem der subjektiven Einfühlung – seitens der Leser mit größerer Bereitwilligkeit abgenommen, als dies bei einer fachfremden oder negativ voreingenommenen Person der Fall wäre.

Ausdrücklich und wiederholt versichert der Sprecher, dass es ihm nicht um die pauschale Ablehnung der Institution und ihres wichtigsten Berufsstandes zu tun sei: „Es ist nicht meine Absicht, einen Beruf zu verleumden, den ich liebe und achte – ich meine den Beruf des Schauspielers. Ich wäre untröstlich, wenn meine Bemerkungen falsch ausgelegt würden und auch nur einen Schatten von Mißachtung auf Menschen würfen, die ein so seltenes Talent haben und wahrhaft nützlich sind“.[16] Angestrebt wird vielmehr eine gleichsam von innen heraus entwickelte, dennoch in den Kernaspekten auf eine grundlegende Revision der schauspielerischen Rhetorik gerichtete Sichtweise. In dem zwischen 1770 und 1773 entstandenen Paradoxe kommt Diderot auf manche Maximen seiner frühen Theaterversuche modifizierend zurück und setzt dem ehemals scheinbar propagierten Illusionismus nun ein Darstellungskonzept technisch kontrollierten, markant artifiziellen Spiels entgegen.

Ausgelöst worden war diese Schrift Diderots durch eine schon länger währende Kontroverse, die aus der Kritik am artifiziellen und textlastigen Deklamationsstil des französischen Hoftheaters hervorgegangen war. Der Schriftsteller Pierre-Rémond de Sainte-Albine war in seinem Traktat über den Schauspieler (Le comédien, 1747) für eine am Ideal der Natürlichkeit orientierte Spielweise eingetreten.[17]Das Höchstmaß der Glaubwürdigkeit, so die Meinung de Sainte-Albines, könne der Schauspieler nur durch innere emotionale Beteiligung erbringen, sodass der Akteur während des Spiels vollständig mit seiner Rolle verschmelze. Der Auffassung, nur eine im Moment der Darbietung vom Schauspieler selbst gefühlte Empfindung wirke auf das Publikum überzeugend, widersprachen in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts etliche Theaterautoren mit guten Gründen, so auch Lessing und Diderot.

Was Diderot seinerseits vom Schauspieler fordert, ist nicht einfühlungsbereite Empfindsamkeit (sensibilité), sondern Urteilskraft (intelligence) und Überlegung (réflexion). Unablässiges Studium (études) und konzentrierte Technik, so Diderot, seien weit eher die Garanten wirkungsvollen, demnach auch illusionsfördernden Spiels, als ein Ausagieren tränenseliger Übertreibungen.[18] Entgegen der Ankündigung des Titels sind Diderots Vorschläge und Prinzipien im Paradoxe keineswegs widersprüchlich oder zweideutig formuliert, allerdings werden sie nach bewährter Praxis in Rede und Gegenrede vorgetragen. Ähnlich wie frühere Arbeiten ist auch diese Abhandlung in Form eines fiktiven Dialogs gehalten: zwischen einem ersten Sprecher, der als stimmführender Kritiker des besprochenen Werkes auftritt, und einem Gesprächspartner, der als Freund der angegriffenen Position eingeführt wird, sich dann aber sukzessive von der vorgetragenen Kritik überzeugen lässt.

Die „Hauptfrage“, über die der erste Sprecher mit der Auffassung des in Rede stehenden Traktats uneins ist, „betrifft die Grundeigenschaften eines großen Schauspielers“.[19] An zahlreichen Vertretern dieses Metiers aber beobachtet der Kritiker gerade nicht die notwendige Ernsthaftigkeit und Sorgfalt, sondern eine bedenkenlose Leichtfertigkeit; die „berufsmäßigen Spaßmacher“ gelten ihm als „leichtsinnige Menschen ohne feste Grundsätze“, und er schließt hieraus, „daß Leute, die keinen Charakter haben – etwa wie gewisse Personen, die sich in unseren Gesellschaften herumtreiben –, alle Charaktere ausgezeichnet spielen können.“[20] Als ebenso zweifelhaft, ja verwerflich schätzt der Kritiker die Beweggründe der „comédiens“ ein, auf der Theaterbühne zu agieren: „Was veranlaßt sie, den Sokkus oder den Kothurn anzulegen? Das Fehlen der Erziehung, das Elend und die Ausschweifung. Das Theater ist eine Zuflucht, niemals aber eine Sache der freien Entscheidung.“[21] Erneut fasst auch diese Passage die typologische Spannbreite theatraler Gattungspoetik in das bekannte Doppelspiel der symbolischen Leitrequisiten von Sokkus und Kothurn. Indes: Widerspricht der Kritiker damit nicht seiner eigenen autobiographischen Konfession, der zufolge er selbst sich zu früherer Zeit in einer solchen Entscheidungssituation befunden habe? Hier deuten sich Inkonsistenzen der Argumentation und Widersprüche zwischen Redeinhalt und Sprecherposition an, die mit dem hybriden Charakter des Textes als einer Abhandlung in szenischer Figurenrede zu tun haben. In der für unser Ausgangszitat entscheidenden Partie des Zwiegespräches nun gibt sich der Vortragende als ein durchaus zwiespältiger Theaterfreund zu erkennen, der mit der seinerzeit getroffenen Entscheidung gegen den Theaterbetrieb immer noch nicht ganz im Reinen zu sein scheint. 

 

Hin und Her 

Ich selbst habe in meiner Jugend zwischen der Sorbonne und der Comédie-Française geschwankt. Im Winter – bei strengstem Frost – lief ich die einsamen Alleen des Jardins de Luxembourg entlang und rezitierte mit lauter Stimme Rollen von Molière und Corneille. Was hatte ich vor? Wollte ich dereinst Beifall ernten? Vielleicht. Wollte ich holden Umgang mit Frauen vom Theater pflegen, die ich unendlich liebenswürdig und sehr zugänglich fand? Sicher. Ich weiß nicht, was ich nicht alles getan hätte, um der Gaussin zu gefallen, die damals gerade ihre Laufbahn begann und die Schönheit in Person war, oder der Dangeville, die auf der Bühne so viele Reize hatte.[22]

Der besondere Reiz dieser freimütigen Geständnisse liegt nun darin, dass offenkundig auch und gerade dieser theaterästhetisch versierte Theoretiker die von den Schauspielern geforderte Rollendistanz seinerseits nicht – oder nur zeitweilig – aufbringen kann. Seine Rede oszilliert zwischen Phasen argumentativer Klarsicht und hierzu gegenläufigen Partien von erheblicher emotionaler Beteiligung. Diderot hat sowohl durch die Form der Wechselrede als auch durch die skizzierten Widersprüche des primären Sprechers in dieser Abhandlung genau jenes Schwanken (balancer) stilistisch inszeniert, von dem der Theaterkenner berichtet. Doch erscheint dies nicht als ein Makel des Textes, sondern erweist sich als diejenige Form, an der er seinen Schwung und seine Stringenz gewinnt. 

Die Dichotomie von argumentierender Logik und figurenrhetorischer Rollenrede (und damit womöglich auch diejenige von Sorbonne und Komödie) findet ihre ‚Schlichtung‘ oder zumindest ihren balancierenden Ausgleich dadurch, dass an der hier elaborierten Stilistik auch der diskursive Fortgang des Textes seinerseits als ein körpermotorischer Modus des Gehens spürbar wird. Die darin angedeutete Verflechtung von Gedankengang und physiologischer Motorik kann noch deutlich mehr an Evidenz gewinnen, wenn auch für diese Diderot’sche Vorlage eine von Bernhard ausgearbeitete literarische Rezeptionsstufe einbezogen wird, nämlich der im Jahr 1967 entstandene kurze Prosatext mit dem Titel Ist es eine Komödie? Ist es eine Tragödie? [23] Schon der Umstand, dass in dieser Erzählung so prominent die kanonische Grundalternative der abendländischen Dramenpoetik aufgerufen wird – also das Entscheidungsdilemma von Sokkus oder Kothurn –, rückt diesen Prosatext in die Rolle eines Metakommentars sowohl zu Bernhards eigenem Dramenschaffen als auch zur zeitgenössischen Theatersituation in Wien und allgemein. In einer selbst schon aporetisch anmutenden Formulierung umgreift der Titel jene Gegensätze, auf deren Dichotomie scheinbar alles abzielt. Auch dafür mag übrigens ein Werk Diderots die Anregung gegeben haben: dessen spätes und selbstreflexives Drama Est-il bon? Est-il méchant? (1834)[24], das seinerseits eine Basisopposition der moralischen Beurteilung menschlichen Handelns in einen aporetischen Schwebezustand versetzt. 

Im Falle von Bernhards kurzer Erzählung haben wir es abermals mit einem männlichen Figurenpaar zu tun, das in einem teils erzählten, teils in wörtlicher Rede geführten Zwiegespräch grundlegende Fragen schauspielerischer Wirkungsästhetik erörtert. Die (wie meist bei Bernhard namentlich unbestimmt bleibende) Ich-Figur wird als ein junger Student der Medizin oder auch Nachwuchswissenschaftler auf diesem Gebiet eingeführt, den ähnlich wie die Kritikerinstanz Diderots eine höchst ambivalente Beziehung zum Theater umtreibt. Schon der Eröffnungssatz, eine typische Bernhard-Periode von beträchtlichem Umfang, etabliert ein von Diderot her bekanntes Schwanken der Hauptfigur zwischen den beiden ko-präsenten Optionen der Wissenschaft und des Theaterspiels und scheint gerade dieses Schwanken in einem mehrfach gewundenen, periodisch abgelenkten Prosaduktus mimetisch abzubilden:

Nachdem ich wochenlang nicht mehr in das Theater gegangen bin, habe ich gestern in das Theater gehen wollen, aber schon zwei Stunden vor Beginn der Vorstellung habe ich, noch während meiner wissenschaftlichen Arbeit und also in meinem Zimmer, mir ist nicht ganz klargeworden, im Vorder- oder Hintergrund des Medizinischen, das ich endlich zum Abschluß bringen muß, weniger meinen Eltern als meinem überanstrengten Kopf zuliebe, gedacht, ob ich nicht doch auf den Theaterbesuch verzichten soll.[25]

In dieser Passage wird auf komplizierte Weise sowohl gedacht als auch gegangen. Der existentielle Zielkonflikt zwischen den medizinischen Studien und der Theaterleidenschaft charakterisiert die Ich-Figur als eine zwiespältige, in sich widersprüchliche Persönlichkeit. Und ebenso, wie schon Diderots Theaterkenner seine unterdrückten schauspielerischen Ambitionen durch die einsamen winterlichen Promenaden im Jardin de Luxembourg ausagiert, die Rollentexte der Figuren aus den Komödien Molières und den Tragödien Corneilles vor sich hin rezitierend, so stülpt auch der Akteur bei Bernhard seine Ambivalenz nach außen, indem er sie in rastlose Bewegung transformiert: „Ich zog mich an und ging auf die Straße. [/] Zum Theater habe ich nur eine halbe Stunde zu gehen. In dieser halben Stunde ist mir klargeworden, daß ich nicht ins Theater gehen kann, daß sich mir der Besuch eines Theaters, einer Theatervorstellung, ein für allemal verbietet.“[26] Statt also die Vorstellung zu besuchen, für die sich der Protagonist bereits ein Billett erworben hatte, lässt er sich in der dem Burgtheater benachbarten Parkanlage des Volksgartens nieder und geht im Geiste eine schon seit längerem konzipierte Abhandlung durch, eine „Theaterstudie“, die realiter freilich ebenso wenig vorankommt wie die medizinische Pflichtarbeit.[27]

Im Hauptteil der Erzählung wird der müßige Parkbesucher sodann von einem seltsamen Passanten angesprochen, der gleichfalls an dem benachbart stattfindenden Theaterbetrieb großen Anteil nimmt, sich aber genauso wie der Icherzähler schon seit Längerem nicht mehr selbst in eine der Vorstellungen begeben hat, sondern stattdessen allabendlich von außen die vorbeiströmenden Zuschauer beobachtet. Dieser merkwürdig auftretende Zeitgenosse (auffällig ist zum Beispiel, „daß der Mann Frauenschuhe anhatte“[28]) macht sich seinerseits einen Sport daraus, die Frage zu wälzen, was jeweils am Abend für ein Stück gegeben werde. Bewusst verzichtet er dabei auf die Möglichkeit, sich etwa anhand des Spielplans über das Programm zu informieren, und genießt vielmehr den Schwebezustand der Unentschiedenheit. „‚Für mich ist das äußerst interessant, einmal nicht zu wissen, was gespielt wird. Ist es eine Komödie? Ist es eine Tragödie?‘ fragte er und sagte sofort: ‚Neinnein, sagen Sie nicht, was es ist. Sagen Sie es nicht!‘“[29] Die seltsame Begegnung und das verstört wirkende Auftreten dieses Gegenübers irritieren den Icherzähler merklich; die zwischen beiden aufkeimende Anspannung löst sich ein wenig, als sie auf Vorschlag des Fremden einen Spaziergang in Richtung des Parlaments unternehmen, und anschließend in die Gegenrichtung retour. 

Er ging sehr rasch, und es war mir fast unerträglich, ihm dabei zuzuschauen, der Gedanke, daß der Mann Frauenhalbschuhe anhat, verursachte mir Übelkeit. „Hier gehe ich jeden Tag die gleiche Anzahl von Schritten, das heißt“, sagte er, „mit diesen Schuhen gehe ich von der Meierei bis zum Parlament, bis zum Gartenzaun, genau dreihundertachtundzwanzig Schritte. In den Spangenschuhen gehe ich dreihundertzehn. Und zum Schweizertrakt – er meinte den Schweizertrakt der Hofburg – gehe ich genau vierhundertvierzehn Schritte mit diesen Schuhen, dreihundertneunundzwanzig mit den Spangenschuhen!“[30]

Auch während des mehrfach hin und her führenden gemeinsamen Gehens verliert das Zusammensein mit dem Fremden nichts von seiner leicht beängstigenden Sonderlichkeit. Der unheimliche Mensch macht zwischendurch eine Andeutung, die auf eine zweiundzwanzig Jahre zurückliegende „Erschütterung“ verweist und von welcher her das Tragen der Frauenschuhe angeblich seine Begründung haben soll.[31] Erst in der Schlusswendung jedoch offenbart sich, dass es sich bei jenem beklagenswerten und neurotischen Menschen um einen Frauenmörder handelt, der sein Opfer, vermutlich seine Geliebte, zweiundzwanzig Jahre zuvor in den Donaukanal gestoßen hatte und nun, nach der Verbüßung einer langen Gefängnisstrafe, in einer zwanghaften Durcharbeitung ihre Kleider und Schuhe trägt. Von diesem Ende her, ans Ufer des Kanals und bis zu der Stelle des damaligen Verbrechens gelangt, eröffnet sich den beiden Gehenden ein jäher Blick in die Tiefe des Ungesagten und Unerklärlichen. 

Die eigentliche Pointe dieser minutiös durchgestalteten Erzählkon-struktion aber ist eine andere; sie liegt in der systematischen Verflechtung von dramenpoetischer Argumentations- und performativer Handlungsebene. Dass der mit einem schrecklichen Verbrechen belastete Fremde und der von seinem Existenzdilemma gelähmte Icherzähler ausgerechnet vor dem Theater sich gegenseitig ihre jeweilige Lebens- und Handlungsunfähigkeit offenbaren, ist kein zufälliger Begleitumstand, sondern Indiz einer durchgängig mitlaufenden poetologischen Aussageebene dieses Textes. Der auffällig drapierte Frauenschuh tut ein Übriges; unschwer ist er mit dem hohen Schaftstiefel des antiken Kothurns in Verbindung zu setzen. Der als sein Gegenstück fungierende Spangenschuh wiederum scheint die sportliche Geschmeidigkeit der klassischen Sandalen beerbt zu haben, kann der rastlose Sonderling doch in diesen Schuhen die genau bemessenen Gehstrecken mit deutlich geringerer Schrittanzahl absolvieren, als es ihm mit den Frauenhalbschuhen möglich ist. Spangen- und Frauenschuh sind also die dingsymbolischen Repräsentanten der schon vom Titel dieses Prosastückes beschworenen Gattungsalternative von Komödie versus Tragödie. Indem nun der letzte Satz der Geschichte mit dem letzten Wort die offene Frage nach dem jetzt gerade gespielten Stück zugunsten der Komödie entscheidet, wirft dieses Fazit auf die schreckliche Last des Fremden zugleich das Schlaglicht zutiefst tragischer Verstrickungen. Tragödie und Komödie, so die Auflösung der bis ins Unerträgliche gesteigerten Unentschiedenheit, sind so eng miteinander verflochten wie linker und rechter Schuh, ohne deren alternierendes Zusammenspiel ein energisches Gehen niemals zu bewerkstelligen wäre. 

 

Gehen, selbst und fremd

Und so lenkt auch Bernhard die Erörterung ästhetischer Dispositionen und literarischer Handlungsmuster gekonnt auf ein physiologisches Basismotiv der Körpermotorik zurück. Die ineinandergreifenden Tätigkeiten des Gehens, Redens und Denkens sind nicht nur in dieser Erzählung durch eine gemeinsame rhythmische Grundstruktur motorisch aufs Engste miteinander verzahnt. Etliche der Bernhard-typischen Charaktere weisen darüber hinaus eine Neigung zum schwadronierenden Gehen respektive zum ambulatorischen Schwadronieren auf, wie sie in paradigmatischer Form bereits an der Figur des Fürsten Saurau aus Bernhards Erzählung Verstörung (1967) abzulesen ist.[32] Eine thematisch exponierte und mit strukturellem Kalkül eingesetzte Bedeutung hat die pedestrische Fortbewegung vor allem in der einschlägigen Erzählung Gehen (1971).[33] Dort berichtet ein wieder ungenannt bleibender Icherzähler von seinen regelmäßigen städtischen Spaziergängen mit einem Kollegen namens Oehler, dessen Figurenrede seinerseits die Hauptebene besagter Erzählung darstellt und dabei insbesondere auf Oehlers vorausliegende Spaziergangs-Freundschaft mit dem jetzt dem Wahnsinn verfallenen Freunde Karrer eingeht.[34] Hintergründig angedeutet werden die frühere Verfolgung und Repression der Familie Karrers in der NS-Zeit als ein traumatischer Kern der Karrer’schen Daseinslast;[35] doch bleibt – wie so oft – auch in diesem Falle der tragische Subtext auf wenige indirekte Hinweise beschränkt, zugunsten eines vordergründig skurrilen Komik-effekts, den die Manieriertheiten älterer Herren bei ihren täglichen Spaziergängen produzieren. Als wirkende Resultante des aus Schmerz und Scherz kombinierten Erzähltones kann die tragisch-komödiantische Zwanghaftigkeit des unablässig betriebenen und besprochenen Gehens bestimmt werden, einer zum Existenzmodus erhobenen pedestrischen Rastlosigkeit. 

Auch diese Erzählung nimmt sich in ihrem Periodenbau ebenso abstrakte wie komplexe syntaktische Konstruktionen vor. Schon mit den ersten, einleitenden Bemerkungen wird ein quasi durchchoreographiertes Tableau der zweimal wöchentlich stattfindenden Spaziergangsszenarien umrissen:

Während ich, bevor Karrer verrückt geworden ist, nur am Mittwoch mit Oehler gegangen bin, gehe ich jetzt, nachdem Karrer verrückt geworden ist, auch am Montag mit Oehler. […] Während wir am Mittwoch immer in die eine (in die östliche) Richtung gehen, gehen wir am Montag in die westliche, auffallenderweise gehen wir am Montag viel schneller als am Mittwoch, wahrscheinlich, denke ich, ist Oehler mit Karrer immer viel schneller gegangen als mit mir, weil er am Mittwoch viel langsamer, am Montag viel schneller geht.[36]

In Gehen hat es der Leser mit einer stark formalisierten Konfiguration zu tun, in welcher der Icherzähler und Oehler auf der Gegenwartsebene sowie die Figuren Oehler und Karrer auf der Erinnerungsebene jeweils paarweise zusammen unterwegs sind und insofern als Duos, aber auch in triadischer Anordnung aufeinander bezogen sind. Die Grundaufstellung der zwei Gesprächs- und Spaziergangspartner stellt eine Art grammatische Elementarstruktur bereit, die in der weiteren prosaischen Durchführung gleichsam nur mehr fortlaufend nach musikalischen Prinzipien variiert und transponiert zu werden braucht. 

Menschliches Handeln und Denken scheint in diesem Gefüge fast vollständig auf das Grundgerüst repetitiver motorischer Bewegungsabläufe reduziert.[37] Doch schafft die damit einhergehende Eintönigkeit verblüffender Weise wiederum erstaunliche Freiräume für thematische Inventionen, ähnlich wie sich im Jazz auf der Basis standardisierter harmonisch-rhythmischer Grundformen nahezu unendliche Improvisationsmöglichkeiten eröffnen. An Bernhards Prosa ist die rhetorische Verve, die auch seine Theaterfiguren in Bewegung hält, oftmals noch weit stärker aus sämtlichen motivierenden Kontexten und logischen Rahmungen abgelöst, als dies innerhalb bühnendramatischer Spielsituationen realisierbar wäre. 

Das (nie ganz erreichbare) Gestaltungsideal dieser Prosa der Rastlosigkeit wäre ein manieriert imitatorischer Redegestus ohne erkennbaren referentiellen oder mimetischen Prätext. Diesem ästhetischen Grenzwert verleiht Bernhards in der Mitte der siebziger Jahre entstandene kurze Prosaetüde über den Stimmenimitator Gestalt. Dort heißt es:

Der Stimmenimitator, der gestern abend Gast der chirurgischen Gesellschaft gewesen war, hatte sich nach der Vorstellung im Palais Pallavicini, in welches ihn die chirurgische Gesellschaft eingeladen gehabt hatte, bereit erklärt, mit uns auf den Kahlenberg zu kommen, um auch da, wo wir immer ein allen Künstlern offenes Haus haben, seine Kunst zu zeigen, natürlich nicht ohne Honorar.[38]

So die Ausgangslage; da sich das Publikum der neuerlichen Darbietung teilweise mit jenem vor der chirurgischen Gesellschaft überschneidet, bittet man den Künstler, doch möglichst andere Musterstücke zu präsentieren, als sie in der Vorstellung am Vorabend zu Gehör gebracht wurden, und der Vortragende willigt ein. Dennoch enden diese neuerlichen Kostproben eines schier unerschöpflich scheinenden Repertoires mit einer leisen Enttäuschung.

Tatsächlich imitierte uns der Stimmenimitator auf dem Kahlenberg vollkommen andere mehr oder weniger berühmte Stimmen als vor der chirurgischen Gesellschaft. Wir durften auch Wünsche äußern, die uns der Stimmenimitator bereitwilligst erfüllte. Als wir ihm jedoch den Vorschlag gemacht hatten, er solle am Ende seine eigene Stimme imitieren, sagte er, das könne er nicht.[39]

Die kurze Erzählung steuert zielgerichtet auf eine Pointe zu, die sich als widersprüchliche Struktur innerhalb des Geschäftsmodells dieses Imitationsgewerbes begreifen lässt. Wie klingt ein Stimmenimitator? Natürlich jeweils so, wie es die darzustellende und nachzuahmende Stimme erfordert, also in einer möglichst weitgehenden Übernahme der fremden Stimmcharakteristika. Doch gerade die maximale Anpassungsfähigkeit und Wandlungsbereitschaft des Imitators, die ihn befähigt, das Timbre, die Ausspracheeigentümlichkeiten und den Rededuktus bekannter Sprecherinnen und Sprecher fast beliebig und täuschend ähnlich nachzuahmen, hindert den Darsteller andererseits daran, selbst eine unverwechselbare Eigenfärbung des Stimm- und Sprechverhaltens zu entwickeln. Der Imitator ist, sofern er nicht gerade jemanden nachahmt und auf ein stimmliches Vorbild zurückgreift, im Sinne expressiver Individualmerkmale eigentümlich stimmlos. Er kann sich selbst, seine eigene Stimme, nicht nachahmen, weil hinter lauter adaptierten Stimmregistern eine solche eigene Stimme gar nicht mehr fest etabliert ist. Oder anders ausgedrückt: weil ihm das virtuos gehandhabte und verfeinerte Nachahmungsbewusstsein je schon beim Sprechen signalisiert, in welchen Mustern und Vorlagen er sich gerade bewegt, ihm also das Zitatbewusstsein so stark in die Quere kommt, dass es ihm die Überzeugung von der unverlierbaren Originalität der eigenen Stimme längst geraubt hat. Womöglich aber ist diese ohnehin nur eine Illusion derer, die über ein solches Imitationsbewusstsein nicht verfügen und sich folglich über die mimetisch-adaptive Dimension ihres Sprechverhaltens einfach nicht im Klaren sind. 

Von dieser Einsicht her nimmt sich das Bernhard’sche formästhetische Leitmotiv der gespielten Suada als eine konzeptionell höchst reflektierte Anwendung des barocken Topos von der Welt als Theater aus; zur spielenden, performativen Hervorhebung des Redeaktes gibt es gleichsam kein Außen, auch nicht im Volksgarten vor den Toren des Burgtheaters. Noch einmal blitzt in der Schlusspointe des Stimmenimitators eine wichtige theaterästhetische Überlegung aus dem Schauspieler-Paradoxon Diderots auf, der aus der mimetischen Anpassungsfähigkeit der Schauspieler auf ihre fehlende charakterliche Individualität rückgeschlossen hatte:

Man hat behauptet, die Schauspieler hätten deshalb keinen Charakter, weil sie alle Charaktere spielten und dabei den Charakter verlören, den ihnen die Natur verliehen hatte, und sie würden dadurch charakterlos, wie der Arzt, der Chirurg und der Fleischer hart werden. Ich glaube, daß man dabei Ursache und Wirkung verwechselt hat und daß die Schauspieler nur deshalb alle Charaktere zu spielen vermögen, weil sie keinen Charakter haben.[40]

 

In Gang kommen

Löst man das Bühnenspiel bewegter Körper vom referentiellen Korsett der abbildenden Darstellung von etwas (eines Charakters, einer Handlung, eines Gefühlszustandes), so bleibt die Wandlungsfähigkeit als solche übrig, der Drang, durch Assimilation wechselnder Inhalte einen fortlaufenden Bewegungsimpuls auszuleben. Das Schwanken zwischen der Sorbonne und der Komödie ist so gesehen selbst schon eine experimentelle theatrale Situation, bei der die evozierten Optionen des Berufs und der Leidenschaft nur mehr als spielerisch eingesetzte Musterstücke fungieren. Es kommt dann letztlich nicht auf eine Entscheidung, sondern auf den unregelmäßig alternierenden Gang des fortschreitenden Menschen an, auf das fortwährende balancer mit den ungleichen Schuhen der tragischen Plateausohle und der komödiantischen Sandale. Der Grundmodus theatraler Darstellung liegt seit den Ursprüngen des griechischen Dramas in der szenisch hervorgehobenen Verkörperung aufrecht gehender Menschen; diese hat ihrerseits eine sowohl tragische als auch komische Note, allein schon aufgrund gewisser anthropologischer Eigentümlichkeiten des menschlichen Gangs. 

Der aufrechte Gang des Menschen ist bekanntlich eine der stolzesten entwicklungsgeschichtlichen Errungenschaften überhaupt. Er schafft Distanz zum Erdboden, erhebt uns über dessen Schmutz, seine Unbequemlichkeiten und Gefahren; andererseits aber ist der bipedische alternierende Fortbewegungsmodus, welcher aus dem aufrechten Stehen des Menschen mit gewisser Folgerichtigkeit hervorging, eine bemerkenswert komplexe und risikobehaftete Angelegenheit. Wer auf (nur) zwei Beinen geht, hat zwar die Hände frei und kann die Augen weit in die verschiedenen Richtungen schweifen lassen; er agiert indes dabei auf einer enorm schmalen statischen Basis. „Unsere Bipedie hat einen schmerzlichen Haken“, stellt Johann-Günther König in seiner Kulturgeschichte des Gehens fest: „Weil bei einem auf zwei Beinen stehenden Körper die Fläche unter dem Körperschwerpunkt kleiner als bei Vierfüßern ist, kommen wir leicht aus dem Gleichgewicht, ins Straucheln oder stürzen gar.“[41] Das simple Fuß-vor-Fuß-Setzen beim Gehen ist eine keineswegs einfache Errungenschaft, sondern eine ebenso komplexe wie mit beträchtlichem Risiko behaftete Angelegenheit. 

Wie Gehen funktioniert, ist gar nicht so einfach zu beschreiben, weil man die Bekanntheit der Abläufe eigentlich immer schon voraussetzt und, in der praktischen Ausübung, eben „einfach nur geht“, wie Robert Musil in seinem Roman Der Mann ohne Eigenschaften (1930) notiert. Der Vorgang ist auf ein gewisses Grundvertrauen in die Stabilität motorischer Abläufe angewiesen: 

[M]an hebt den Schwerpunkt, schiebt ihn vor und läßt ihn fallen; aber eine Kleinigkeit daran verändert, ein bißchen Scheu vor diesem Sich-in-die Zukunft-Fallenlassen oder bloß Verwunderung darüber – und man kann nicht mehr aufrecht stehn! Man darf nicht darüber nachdenken.[42]

Wo normalerweise der Schutz eingefahrener Gewohnheiten das tiefere Nachsinnen abperlen lässt, treibt Musil mit diesen Überlegungen wahre Abgründe hervor. Wenn beim einfachen Vorwärtsschreiten schon die Bereitschaft erforderlich ist, sich blindlings in die Zukunft voranfallen zu lassen, so lässt dies einige Aufschlüsse auch über die gesellschaftlichen Mechanismen und ihre Tücken erkennen, in welchen ebenfalls auf eine sehr wacklige und durchaus störanfällige Weise jederzeit die Zukunft in Gegenwart verwandelt wird, indem man vorwärts in sie hineinfällt. 

Nüchtern betrachtet, scheint die alternierende Sequenz zweibeiniger Schrittfolgen durchaus nichts Geheimnisvolles an sich zu haben. Auch der Humanbiologe Walter Thörner versuchte sich in den 1950er Jahren an einer Modellbeschreibung der dabei ineinandergreifenden Einzelelemente und Handlungsabschnitte.

Die Hauptbewegung des Gehens besteht in der rhythmisch abwechselnden Bewegung der Beine. Ein Bein besorgt das Stützen und Abheben, während das andere freischwingend nach vorn geführt wird, um den vorfallenden Körper aufzufangen und demnächst zum Stützbein zu werden. Charakteristisch ist, daß der hintere Fuß den Boden erst dann verläßt, wenn der vordere ihn erreicht hat. Es besteht also in einer kleinen Zeitspanne ein ‚Doppelstütz‘. Die Fühlung mit der Unterlage geht (im Gegensatz zum Laufen) niemals völlig verloren. Der ganze Körper wird mitbewegt, der Schwerpunkt senkrecht gehoben und gesenkt, was im Auf und Ab des Kopfes besonders deutlich wird. Auch seitlich wird der Schwerpunkt zur Gleichgewichtserhaltung rhythmisch jeweils über das Standbein verlagert.[43]

So also geht Gehen. Mit mindestens einem der beiden Beine bleibt der Gehende jederzeit durch direkten Bodenkontakt gestützt und von der Erdanziehungskraft stabilisiert, während das jeweils andere Bein ‚Boden gutmachen‘ oder vielmehr eine vorausschnellende Bewegung ins Ungewisse ausführen muss. Eine solche motorische Verbindung von Statik und Dynamik kann im besten Falle durchaus eine gewisse Grazie aufweisen, in anderen Fällen kommt es zu eher plumpen, vielleicht sogar lächerlichen Verrenkungen – vor allem, wenn durch Schnappschüsse der Bewegungsablauf eines Gehenden irgendwo mittendrin herausgegriffen und optisch stillgestellt erscheint. Und trotz der niemals vollständig abreißenden Bodenkontakte bleibt das zweibeinige Gehen, das den handelnden Menschen konstituiert, eine riskante Angelegenheit, die auch in ihrer charakteristischen Verbindung aus Standortsicherung und Vorwärtsdrang erhellende Analogien zu den psychomotorischen Mechanismen des Schreibens aufweist. 

Die nach vorne fallende Bewegung erzeugt eine rhythmische Energie, die sich auch in der Sprache beobachten lässt, als Vorwärtsdrängen auf der Signifikantenebene. Sie ist beispielsweise in Diderots Artikel „Jouissance“ (Genuss) für die Encyclopédie selbst in der Übersetzung durchaus noch spürbar, diese drängende Energie, die sich geradezu mimetisch die sexuelle Triebkraft der beschriebenen lustvollen Empfindungen zu eigen macht.

Sie, der Sie eine Seele haben, sagen Sie mir, ob es unter den Gegenständen, welche die Natur allenthalben unseren Begierden darbietet, auch nur einen gibt, der unseres Trachtens würdiger wäre, dessen Besitz & Genuß uns so glücklich macht wie der des Wesens, das so denkt & fühlt wie Sie, das die gleichen Ideen hat, das die gleiche Wärme, das gleiche Entzücken verspürt, das seine zärtlichen Arme den Ihren entgegenstreckt, das Sie umfängt & aus dessen Liebkosungen das Leben eines neuen Wesens erwachsen wird, das einem von Ihnen ähneln wird, das in seinen ersten Regungen Sie suchen wird, um Sie zu umarmen, das Sie an Ihrer Seite aufziehen & gemeinsam lieben werden, das Sie in ihrem Alter beschützen & das Sie immer achten wird & dessen glückliche Geburt das Band, das Sie vereinte, bereits verstärkt hat? [44]

Diese lange, in mehreren Steigerungsbögen geführte Satzperiode umgreift die erotische, sexuelle und prokreative Dimension des menschlichen Paarungsverhaltens in all seinen Phasen, indem sie die inhärente Kraftquelle des zwischen zwei Menschen sich abspielenden Genusses nachzubilden versucht. Und zwar deutet Diderot den Eros an dieser Stelle nicht (nur) als eine Begehrensdynamik, die sich in dem kausalen Folgeverhältnis von Wunsch und Erfüllung erschöpft, sondern als einen von wiederholten Impulsgebungen rhythmisch vorangetriebenen Bewegungsablauf, der in seinem Vorandrängen dem Geradeauslauf des syntaktischen Fortgangs ähnlich ist. Der (kurze) Artikel weist denn auch mehrere solcher syntaktischen Steigerungswellen auf, die alle nach dem nämlichen Prinzip des eskalierenden, Stufe für Stufe sich steigernden Vorantreibens gebaut sind, und bei denen nicht die resultative Klausel, sondern der lange, allmähliche Anstieg als Inbegriff der im Artikel dargestellten jouissance fungiert. Dies zeigt sich auch in der folgenden Textprobe, die nochmals direkt auf den Akt der körperlichen Vereinigung referiert (dessen heteronormativen bias der Autor an dieser Stelle übrigens nicht zu problematisieren scheint): 

Zeigt sich ein Individuum einem anderen derselben Art & anderen Geschlechts, so erlischt das Gefühl für jedes andere Bedürfnis; das Herz pocht; die Glieder beben; wollüstige Bilder irren durch das Gehirn; Ströme von Lebensgeistern fließen in den Nerven, erregen sie & gelangen zum Sitz eines neuen Sinnes, der sich kundtut & Qualen verursacht. Der Blick trübt sich, der Wonnerausch entsteht; die Vernunft, Sklave des Instinkts, begnügt sich damit, ihm zu dienen & die Natur ist befriedigt.[45]

Die Darstellung ist explizit genug, um daran eine sexuelle Dramaturgie vom Vorspiel bis zum Koitus mitverfolgen zu können. Jedoch: Jener neue Sinn, der sich in dieser mit Verve gegebenen Schilderung des Sexualaktes zu erkennen gibt –, um wen oder was handelt es sich hierbei? Geht es Diderot hier etwa darum, neben bzw. vor den bekannten fünf Sinnen noch einen ‚geschlechtlichen Sinn‘ als weiteres elementares Empfindungsvermögen zu etablieren? 

Vor dem Hintergrund der skizzierten physiologischen Betrachtungsweise, mit der Diderot das Handlungsrepertoire und die Gattungsmuster der europäischen Dramentradition analysierte, scheint eine andere Lösung weitaus wahrscheinlicher. Es ist der Gleichgewichtssinn, den der Autor als eine entscheidende erotisch-dynamische Antriebskraft menschlicher Strebungen hier etabliert, die Kunst des balancer. Und Bernhard folgt ihm hierin, indem er das menschliche Gehen als einen Modus zur Anschauung bringt, der durch die periodische Ausgleichung permanenter Störungen vorankommt und für dessen Durchführung sich tragisches und komisches Schuhwerk zu einem unpassenden Paar zusammengefunden haben. 

 

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Fussnoten

1 Bernhard (2005), 9, 373.

2 Bernhard (2005), 11, passim.

3 Bernhard (2005), 49.

4 Vgl. Starobinski (2012) u. Stenger (2013).

5 Vgl. Diderot (1751–1765).

6 Vgl. Diderot (1757).

7 Vgl. Diderot (1758).

8 Vgl. Lessing (1960).

9 Vgl. Diderot (1921); vgl. Schiller (1785).

10 Vgl. Diderot (1805).

11 Vgl. dazu den Beitrag von Gumbrecht in diesem Heft.

12 Vgl. Diderot (2009).

13 Vgl. Hurschmann (1999), 781 f. 

14 Jean Paul (1804), 129 (§ 33).

15 Diderot (2009), 52.

16 Diderot (1984), 514.

17 Vgl. de Sainte-Albine (1747).

18 Vgl. Diderot (1984), 484; Diderot (2009), 11.

19 Diderot (1984), 484; Diderot (2009), 11. 

20 Diderot (1984), 514 f.

21 Diderot (1984), 515 f.

22 Diderot (1984), 516.

23 Vgl. Bernhard (2003a).

24 Vgl. Diderot (2012).

25 Bernhard (2003a), 35.

26 Bernhard (2003a), 35.

27 Bernhard (2003a), 36.

28 Bernhard (2003a), 36.

29 Bernhard (2003a), 38.

30 Bernhard (2003a), 38 f.

31 Bernhard (2003a), 39.

32 Vgl. Bernhard (2003c); vgl. Sorg (2007), 307-309.

33 Vgl. Bernhard (2006).

34 Zur aussagenlogischen Hierarchie des Erzähltextes vgl. Winterstein (2004), 33 f.

35 Vgl. Bernhard (2006), Hg.-Kommentar, 259 f.

36 Bernhard (2006), 143.

37 Rieger (2002) sieht die „Motorik der Körpergliedmaßen“ (31) als eine strukturbildende Ebene des Textes und betont in wissenschaftsgeschichtlicher Hinsicht die Bedeutung des Gehens „als Sonderfall für eine allgemeine Bewegungslehre“ (38). 

38 Bernhard (2003b), 236.

39 Bernhard (2003b), 236.

40 Diderot (1984), 516.

41 König (2013), 18.

42 Musil (1978), 128.

43 Thörner (1959), 411. 

44 Diderot (2001), 130.

45 Diderot (2001), 130.